Anwaltskanzlei Kiehm Tel. 089- 3233620 |
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Rechtsanwalt Christof Kiehm Theatinerstr.29 80333 München |
Verbraucherrecht :
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Schutz bei Abmahnungen
Der
klassische Fall ist, dass Sie irgendwann einen Brief von einer „netten“
Anwaltskanzlei erhalten. In diesem Brief wird dann fast wie bei einer
Anklageschrift auf vielen Seiten ausgeführt, was Sie alles Schlimmes mit Ihrem
Computer gemacht haben. Man wirft Ihnen
vor Sie hätten über Ihren Internetanschluss Filme oder Musik in illegaler Weise
herunter geladen und dadurch das Urheberrecht verletzt zu haben. Sie werden
dann meistens aufgefordert eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und
zugleich die meist sehr hohen Anwaltskosten des Gegners zu übernehmen. Um es
gleich vorwegzunehmen, leider ist in solchen Fällen meistens doch an der Sache
etwas dran. Selbst dann, wenn Sie nicht in eigener Person, sondern bspw. ein
Mitglied Ihres Haushaltes auf Ihren Internetanschluss zugegriffen hat und
Sachen zu Unrecht herunter geladen haben, kann Sie die sog. Störerhaftung
treffen -Haftung des Halters für den Internetanschluss von dem Störungen
ausgehen. In der Regel wäre es aber töricht, wenn Sie nur aus lauter Angst,
dass jemand aus Ihrem Haushalt doch Sachen downgeloadet haben könnte
nunmehr gleich die
Unterlassungserklärung unterschreiben und die geforderten Anwaltsgebühren
bezahlen. Oftmals wird bei solchen Abmahnfällen eine vielfach überhöhte Gebühr
angesetzt. Auch der oft gehörte Rat nur die Unterlassungserklärung zu
unterschreiben, ist nicht ohne größeres Risiko. Sollte es dann nämlich nochmals
vorkommen, dass entgegen der Unterlassungserklärung wieder etwas herunter
geladen wurde, dann bedeutet dies an sich, dass Sie für jedes Mal des Verstoßes
die dort genannte Summe zahlen müssen; in der Regel ist eine Summe von mehrere
tausend Euro vorgesehen. Selbst dann, wenn wirklich nur Sie den Zugriff auf Ihr
Internet haben, so ließe sich auch dann nicht ausschließen, dass bspw. über Malware / Virus u.a. ein Film, Musik
u.a. ohne Ihr Zutun und Wissen runter geladen wird. Im Nachhinein zu beweisen, dass Ihr Computer
infiziert war und Sie keine Schuld trifft, dürfte wohl sehr schwer werden
können.
Darum
empfiehlt es sich bei solchen Abmahnungen möglichst gleich Rechtsrat einzuholen
um dann bezogen auf den Einzelfall zu entscheiden, wie man sich richtig
verhält.
BGH VIII ZR 375/03 –Urteil vom
3.11.2004: Verkauft ein Unternehmer (Gewerbetreibender)
bei einer sog. Internetauktion
Waren so kann dies ein Widerrufsrecht des „Ersteigerers“/Käufers begründen.
Ein
Schmuckhändler hatte bei einem sog. Internetauktionshaus einzelne Schmuckstücke
angeboten. Der Meistbietende wollte später den Vertrag widerrufen und erklärte
auch den Widerruf fristgerecht Der BGH
entschied, dass nach den Regeln über Fernabsatzgeschäfte/verträge hier tatsächlich
ein Widerrufsrecht
besteht. Dieses Widerrufsrecht sei nicht –und dies ist die eigentliche
Kernaussage des Urteils- dadurch ausgeschlossen, dass hier eine Versteigerung
vorläge. Der BGH spricht vielmehr der Internetauktion die Eigenschaft einer
Versteigerung ab.
Anmerkung 1: Im
entschiedenen Fall bestand die Besonderheit, dass ein sog. Unternehmer –also
keine Privatperson- Waren angeboten hatte. Bietet eine Privatperson, ohne dabei
haupt- oder nebenberufsmäßig tätig zu werden, Waren, Dienstleistungen bei einer
Internetauktion an, so begründet dies für den Erwerber in der Regel kein
Widerrufsrecht.
Anmerkung 2:
Das Urteil des BGH ist von nicht unerheblicher Relevanz, da sog.
Internetauktionen immer mehr an Bedeutungen gewinnen. Dieses Urteil ist auch
von seiner Aussage auf zum Teil heftige Kritik gestoßen, zum einen hinsichtlich
seiner rechtlichen Konstruktion zum anderen Teil auch in der Sache selbst.
Beachtet werden sollte auch, dass es sich bei Gechäften über das Internet noch
um eine ziemlich junge Materie handelt, die quasi noch stark in der Entwicklung
begriffen ist. Von daher ist wohl auch zu erwarten, dass sich dort die
Gesetzeslage und auch die Rechtsprechung noch das ein oder andere Mal im Detail
oder im Ganzen ändern kann.
Urteile
zum Internetrecht
BVerwG 6 C 11.04 2855:
Thematik Internet-Café
mit Computerspielmöglichkeit als erlaubnispflichtiger Spielhallenbetrieb
Einem
sog. Internet-Café wurde der Betrieb untersagt, weil es in der betriebenen Form
als erlaubnispflichtige Spielhalle einzustufen sei. In dem Internet-Café waren
zahlreiche Computer aufgestellt, die nicht nur zum Sufen im Internet genutzt
wurden, sondern in größerem/überwiegenden Maße von Jugendlichen zum Spielen von
sog. Ballerspielen o.ä.. Es handelt sich dabei entweder um Spiele, die auf dem
Computer vorinstalliert waren, aus dem Internet heruntergeladen wurden oder von
den Jugendlichen mitgebracht wurden auf DVD, CD, Diskette u.ä. Es waren aber
nur normale Computerunterhaltungsspiele, bei denen die
Jugendlichen untereinander oder gegen den Computer spielten;
Gewinnmöglichkeiten gab es keine.
Die
Behörden gingen gleichwohl davon aus, dass zumindest von einem
spielhallenähnlichen Betrieb auszugehen sei, weil das Internet-Café tatsächlich
überwiegend dem Spielbetrieb diene. Dass es sich dabei nur um sog. Unterhaltungsspiele
ohne Gewinnmöglichkeit handele ist nach dem Gesetz unerheblich –
nach § 33i GewO bedürfen grundsätzlich auch Betreiber von
Unterhaltungsspielhallen der Erlaubnis.
Unerheblich
ist auch, dass es sich bei den Computern um Multifunktionalgeräte handelt, die
außer zu Spielen noch für andere Dinge wie bspw. Surfen im Internet, Arbeiten
an Anwendungsprogrammen u.ä. genutzt werden könnten. Entscheidend sei vielmehr,
dass entweder die hauptsächliche Nutzung des Internet-Café als Ort für
Unterhaltungsspiele bereits von den Betreibern beabsichtigt sei oder dass sie
sich selber aus dem tatsächlichen Betrieb ergibt. Die Betreiber hätten es durch
entsprechenden Maßnahmen in der Hand gehabt, sicher zu stellen, dass sich der
Spielbetrieb in engen erlaubnisfreien Grenzen hält.
Das
Bundesverwaltungsgericht hat sich in seiner Entscheidung dem Standpunkt der
Behörden angeschlossen und die Untersagungsverfügung aufrechterhalten, indem es
die Revision der Betreiber zurückgewiesen hat.
Anmerkung:
Es ist ein Urteil, dass zumindest auf den ersten Blick ziemlich befremdend
erscheint. Gleichwohl zeigt es wie schmal in der Rechtsrealität der Grat
zwischen zwei scheinbar vollkommen verschiedenen Sachen sein kann; auf der
einen Seite das harmlos anmutende Internet-Café und auf der andere Seite die
vielfach verschrieene „Spielhölle“, bei der aus Gründen des Jugendschutzes u.ä.
natürlich ganz andere Maßstäbe anzusetzen sind.
BGH I ZR 314/02: Thematik
Anforderungen an Hinweispflicht auf lange Lieferzeiten bei
Internetversandhandel.
Ein
Versandhaus hatte über das Internet Waren angeboten. Anders als üblich waren
dort aber Lieferzeiten von drei bis vier Wochen vorgesehen. Auf diese langen
Lieferzeiten soll auch von Seiten des Anbieters hingewiesen worden sein,
allerdings nicht direkt bei den beworbenen Artikeln, sondern vielmehr wäre der
Hinweis erst durch Anklicken eines entsprechenden Links zum konkreten Produkt
erschienen. Der BGH sah dies als ausreichend an. Er ging dabei davon aus, dass
es auch für den Durchschnitts-Internetuser möglich und üblich ist solche Links
anzuklicken und dann die entsprechenden Informationen zu erhalten.
Anmerkung 1: Der
BGH hat in der Sache selber keine endgültige Entscheidung gefällt, sondern die
Sache vielmehr an die vorherige Instanz (Berufungsinstanz) zurückverwiesen.
Dort muss dann im Wege der Tatsachenfeststellung geprüft werden, ob der Hinweis
auf dem Produktlink ausreichend war. Vom BGH ist lediglich entschieden worden,
dass grundsätzlich ein solcher Hinweis auch auf einem Produktlink ausreichend
sein kann.
Anmerkung 2:
Der Internetanbieter war nicht von einem Käufer verklagt worden, sondern
vielmehr von einem anderen Wettbewerber, einem Konkurrenten, der darin eine
Form der unzulässigen
Werbung/des unlauteren Wettbewerbs sah.
Unlauterer
Wettbewerb begründet aber für den Käufer/Kunden grundsätzlich keine
unmittelbarn Ansprüche gegenüber dam Anbieter. Vielmehr muss dort erst geklärt
werden, ob nicht mit dem Wettbewerbsverstoß zugleich eine Vertragsverletzung
u.ä. verbunden ist oder sich Ansprüche aus dem Gewährleistungsrecht ergeben.
Hintergrund:
Lieferzeiten/vorrätige Waren: Werden Waren beworben, so müssen sie
grundsätzlich bei der zu erwartenden Nachfrage auch vorrätig sein;
andernfalls kann unlauteter Wettbewerb vorliegen. Es handelt sich dabei um
einen allgemeinen Grundsatz, der nicht nur für die Internetwerbung gilt,
sondern generell insbesondere auch für Werbung über Zeitungsanzeigen,
Werbezettel, Flyer, Radio- und Fernsehwerbung u.ä. Natürlich lässt sich für den
Anbieter einer bestimmten Ware vorab nur schwer einschätzen, ob sie sich als
„Renner“ oder als „Ladenhüter“ erweisen wird; gleichwohl darf dies nicht soweit
gehen, dass Waren angepriesen werden, bei denen schon sicher ist, dass die zu
erwartende Nachfrage, die vorrätige Menge weit übersteigt. Insbesondere möchte
man natürlich sog. „Lockvogelangebote“ verhindern, bei denen der Kunde wegen
eines besonders günstigen Produkts in die Geschäfte gelockt wird, während die
Ware schon ausverkauft ist.
Sonstiges
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Allgemeine Hinweise zu diesen Urteilen
Es
handelt sich nur um sehr kleine Auswahl von Urteilen, die aus Sicht des
Autors/Rechtsanwalt besonders interessant erschienen ausgewählt zu werden.
Aus
diesen Urteilen sollte der wesentliche Inhalt auszugsweise in einer für den
Nichtjuristen/Laien möglichst verständliche Sprache aufbereitet werden. Dabei
konnte es mitunter nicht ausbleiben, dass die hier verwendeten
Begrifflichkeiten von den (gesetzlichen) Fachausdrücken abweichen oder sie in
einer anderen Form verwendet werden. Beispiel: wenn bei einer Pkw-Veräußerung
von Vorbesitzer gesprochen wird, so ist dies eigentlich juristisch ungenau; gemeint
ist der Vor-Eigentümer; der Eigentümer ist in aller Regel auch zugleich der
Besitzer, muss es aber nicht sein, wenn bspw. der Pkw von ihm vermietet wurde.
Ebenso
musste teilweise der Sachverhalt vereinfacht werden, soweit für die rechtliche
Aussage unbedeutend. Beispiel: bei einem Unfall bei dem es nur um die
Schuldfrage ging, wird von Schädiger gesprochen, tatsächlich wurden aber die
Erben des Schädigers verklagt, weil der Schädiger selbst bei dem Unfall ums
Leben gekommen war.
Bei
Urteilen ist außerdem zu beachten, dass es in Deutschland kein sog.
Richterrecht gibt; d.h. den obersten Gerichten BGH, BVerfG BVerwG u.ä. steht es
frei jederzeit ihre eigene Rechtsprechung zu ändern. Mitunter kann es auch dazu
kommen, dass die höchsten deutschen Gerichte bei fast identischen Sachverhalten
zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen; mitunter weichen teilweise sogar die
einzelnen Senate/Abteilungen der Gerichte untereinander ab. Vielfach lässt sich
bei vermeintlichen Grundsatzentscheidungen oftmals nicht erkennen, ob es sich
dabei tatsächlich um „echte Grundsatzentscheidungen“ handelt oder quasi nur um
eine Art „Ausreißer“, dem das Gericht in weiteren Entscheidungen nicht mehr
folgt.
Soweit
die Quintessenz des Urteils in der Überschrift o.ä. vorweggenommen wurde, handelt
es sich regelmäßig nicht um den amtlichen Leitsatz, sondern nur um eine für den
Nichtjuristen/Laien möglichst verständliche Vereinfachung in Schlagworten.
Beachten
Sie im übrigen die allgemeinen Webseitenhinweise-Haftungsausschluss
die auch für die auf diesen Webseiten ausgewählten Urteile gelten.