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Rechtsanwalt Christof Kiehm Theatinerstr. 29 (Odeonsplatz) 80333 München |
Fluggastrecht:
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Der
„Klassiker“ - der Flug ist verspätet -welche Rechte habe ich ?
Im
Europäischen Recht sind seit nunmehr über 10 Jahren die Rechte der Passagiere erheblich
verbessert worden.
Diese
sehen -vereinfacht ausgedrückt- vor, dass im Falle einer Annullierung oder
größeren Verspätung den betroffenen Passagieren je nach Länge der Flugstrecke
bis zu € 600,00 zustehen können; ebenso noch diverse Betreuungsleistungen. Bei
Flügen bis 1.500 km gibt es in der Regel ab einer Verspätung von 2 Stunden eine
Entschädigung von € 250,00 pro Passagier. Bei Flügen bis 3.500 km sind es ab
einer Verspätung von 3 Stunden bereits € 400,00 und bei Flügen über 3.500 km
sind es ab 4 Stunden Verspätung bereits € 600,00. Dabei wird hinsichtlich der
Entfernung nicht auf die Teilstrecke abgestellt, sondern auf den Gesamtflug.
Wenn Sie bspw. einen Flug von München über Paris nach New York gebucht haben
und Sie verpassen den Anschlussflug, weil ihr Flug nach Paris Verspätung hat,
dann können Ihnen sogar € 600,00 zustehen.
Wann
gilt diese EU-Verordnung 261/2004
Unmittelbar
gilt die EU-Verordnung für alle Flüge, die vom Boden eines Mitgliedstaates der
EU aus starten. Soweit kommt es also nicht darauf an, ob Sie mit einer
Fluglinie eines EU-Landes fliegen oder einem anderen Land. Wenn Sie bspw. von
München nach New York mit einer amerikanischen Fluglinie fliegen gilt die
EU-Verordnung. Anders kann es aussehen, wenn Sie vom Gebiet außerhalb der
Europäischen Union nach Deutschland fliegen; dort gelten grundsätzlich Ihre
Rechte nur dann, wenn es sich um eine Fluglinie der EU handelt. Wenn Sie bspw.
von New York zurück nach Deutschland mit einer deutschen Fluglinie fliegen gilt
die EU-Verordnung, anders ist es wenn Sie von außerhalb der Europäischen Union
aus starten und mit einer Fluglinie eines Nicht-EU-Landes fliegen -bspw Flug
von New York nach Deutschland mit einer amerikanischen Fluglinie. Wobei zu
beachten ist, dass es auch zahlreiche Staaten außerhalb der EU gibt für die
diese Verordnung kraft Staatsvertrag gilt -bspw. Island. Ebenso ist zu
beobachten, dass bisweilen Fluggesellschaften auch dann Entgegenkommen
signalisieren, wenn an sich keine direkte Anwendbarkeit gegeben ist.
Was
sind die Ausschlussgründe:
Ausschlussgründe
sind in der Regel nur dann möglich, wenn der Flug aufgrund eines Umstandes
ausfällt, der außerhalb des eigenen Handelns der Fluggesellschaft liegt -man denke
an Fälle wo wegen Krieg oder Terrorismus ein Flug abgesagt werden muss.
Teilweise sprechen die Gerichte auch bei extremen Wettersituationen den
Passagieren die Rechte ab. Dabei darf man sich allerdings nicht vorschnell
abschrecken lassen, wenn Fluggesellschaften sich damit raus reden wollen, dass
wegen schlechten Wetters der Flug nicht durchgeführt werden konnte. „Schlechtes
Wetter“ allein genügt nicht; zudem gibt es meistens auch Ausweichrouten um
extremen Wettersituationen auszuweichen. Schwieriger wird die Situation, wenn
wegen eines Streiks Flüge ausfallen. Auch wenn die Gerichte leider dazu neigen
Streiks als Entschuldigungsgrund zu zulassen (letztlich sind die
Fluggesellschaften wegen zu schlechter Bezahlung für Streiks auch
mitverantwortlich), so rechtfertigt natürlich ein Streik natürlich nicht die
Flugverschiebung auf „alle Ewigkeit“. Spätestens dann wenn der Streik vorbei
ist, muss für zügige Wiederaufnahme des Flugbetriebes gesorgt werden.
Ebenso
wenig stellen technische Gründe einen Entschuldigungsgrund dar; nur in
absoluten Ausnahmefällen können diese die Flugverspätung -annullierung
rechtfertigen.
Gerne
hört man von Fluggesellschaften auch wieder die Behauptung, dass der Flug
deswegen nicht planmäßig starten konnte, weil es Probleme bei einem Flug davor
gab und deswegen die Maschine nicht rechtzeitig eingetroffen ist. Auch dieser
Einwand versagt in der Regel. Die Fluggesellschaften sind für die technische
Wartung selbst verantwortlich, ebenso müssen sie notfalls Ersatzmaschinen
einsetzen.
Umgekehrter
Fall - Flug wird vorverlegt
Es
kann natürlich auch den Fall geben, dass ein Flug vorverlegt wird. Hier hat der
Bundesgerichtshof BGH seine Auffassung geäußert, dass auch dies einer
Annullierung gleichzustellen ist und damit die vollen Rechte begründet, sofern
es sich nicht nur um eine geringfügige Vorverlegung handelt. Der BGH hat zwar
seine Meinung nicht direkt im Urteil geäußert, sondern in der
Gerichtsverhandlung. Für die Fluggesellschaft war diese Äußerung aber so
deutlich, dass sie die Rechte der Passagiere gleich anerkannt hat -BGH X ZR
59/14)
Weitere
Ansprüche bei Flugverspätung / Flugannullierung
Über
den Entschädigungsanspruch hinaus, können den betroffenen Passagieren quasi
schon vor Ort -sie warten noch auf den Flug- Ansprüche auf sog.
Betreuungsleistungen zustehen. Den betroffenen Passagiere muss gegebenenfalls
kostenlos Verpflegung -Mahlzeiten, Getränke- angeboten werden, ebenso die
Führung von zwei Telefonaten / E-Mails. Ebenso muss die Fluggesellschaft
erforderlichenfalls / bei längeren Verspätungen auch für die Unterbringung im
Hotel sorgen.
Gepäckverlust
/ verspätete Rückgabe
Zu
den häufigsten Schadensfällen bei Flügen gehört es, dass Gepäckstücke am
Ankunftsort nicht ankommen und dann entweder verschwunden bleiben oder erst nach
Tagen, Wochen dem betroffenen Passagier zurückgegeben werden können. In einem
solchen Fall kommt dann die Haftung der Fluggesellschaft nach dem Montrealer
Übereinkommen in Betracht. Diese sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des
sog. Luftfrachtführers vor - gemeint ist damit in der Regel bei einem normalen
Passagierflug die Fluglinie, von der der Flug durchgeführt wird. Allerdings ist
zu beachten, dass es bei der Haftung nach dem Montrealer Übereinkommen eine
Höchstgrenze von zur Zeit 1.131 SZR je Gepäckstück gilt. „SZR -
Sonderziehungsrechte- ist ein „künstliche“ Währung, die aus Euro, Dollar, Pfund
und Yen gebildet wird; Stand -Juni 2015-entsprechen 1.131 SZR ungefähr €
1.415,00. Die Haftungsgrenze gilt allerdings nicht, wenn der Gepäckverlust / schaden
durch leichtfertiges oder gar absichtliches Handeln der Fluggesellschaft
eingetreten ist. Sollte das Gepäck bei der Ankunft nicht auftauchen, so ist
dringend angeraten gleich den Gepäckverlust der Fluggesellschaft zu melden. In
der Regel erhält dann der betroffene Passagier einen sog. „Property Irregularity Report“ PIR zum
ausfüllen. Tritt der Gepäckverlust im Rahmen einer sog. Pauschalreise auf
-Flug, Hotel wurden bei einem Reiseveranstalter gebucht ) können sich auch ganz
erhebliche Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter ergeben -insoweit gibt es
auch keine Höchstgrenze. Der typische Fall ist, dass auf dem Hinflug in den
sonnigen Süden der Koffer mit all den Sommersachen weg ist. In einem solchen
Fall können neben Kostenersatz für notwendige Ersatzanschaffungen auch
Ansprüche wegen Minderung der Reise bestehen.
Stornierung
von Flügen durch den Passagier
Es
kam immer wieder einmal vorkommen, dass Sie einen Flug gebucht haben und dann
warum auch immer diesen Flug nicht antreten können. Unstreitig steht in einem
solchen Fall dem Passagier die Rückzahlung der im Flugpreis enthaltenen Steuern
und Gebühren zu. Hinsichtlich des übrigen Teils wird es schwieriger. Hier haben
in der Regel die Fluggesellschaften das Recht durch entsprechende Gestaltung ihrer
Vertragsbedingungen zu bestimmen, ob und in welcher Höhe den Passagieren noch
Rückzahlung zusteht. Von sehr teuren Flugtarifen abgesehen, schließen die
Fluggesellschaften in der Regel die Rückzahlung komplett aus. Voraussetzung
wäre allerdings, dass die entsprechende Bedingung auch wirksam in den Vertrag
einbezogen wurde. Da es durchaus Fälle geben kann, in denen dies nicht der Fall
ist oder die entsprechende Vertragsbedingung auf andere Weise unzulässig ist,
sollte man sich nicht vorschnell entmutigen lassen, wenn eine Fluggesellschaft
abblockt.
Wichtig:
Wenn Sie den Flug nicht direkt gebucht haben, sondern Sie eine sog.
Pauschalreise gebucht haben und diese dann storniert wird, sieht die Situation
anders aus. In einem solchen Fall beurteilt sich das Problem nach
Reisevertragsrecht. Auch dort haben nahezu alle Reiseveranstalter feste
Stornosätze, die auch dann wenn die Reise erst am Tag der Abreise storniert
wird, in der Regel nicht höher liegen dürfen als 80 %. Sind diese Stornosätze
nicht wirksam in den Vertrag einbezogen oder wegen ihrer Höhe oder aus anderen
Gründe unzulässig, kann Ihnen im Idealfall sogar deutlich mehr zustehen.
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Webseitenhinweise
/Haftungsausschluss
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